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Vortrag im IDZ Berlin 2009

 

 

Designer-Netzwerke und Ethik

 

 

Bei ernsten Fragen geht es nicht um

Geld, Erfolg und Gewinn, sondern

um Sinn – Lebenssinn, Freude, Anteil-

nahme, verantwortliches Handeln.

 

 

Die Wichtigkeit des Design

 

Das Ethische – das verantwortliche Handeln – ist dem modernen Menschen verdächtig. Moralisieren ist in Misskredit geraten. Das ist verständlich. Niemand sagt anderen gerne: „Tue dies!“, „Lass das!“ Umgekehrt lässt sich das niemand ger­ne sagen. Denn wir fühlen uns als freie Wesen. Doch in einer Zeit, in der die Weltbevölkerung stetig wächst und Ansprüche an den Konsum hoch sind, obwohl wir in einem begrenzten Lebensraum – der Erde – leben, und jedes nicht nachhaltige Konsumieren Biomasse zerstört, begrenzte Ressourcen verbraucht und die Atmosphäre in eine verqualmte Kneipe verwandelt, kann das Ethische doch zur Pflicht werden.

 

Ich stehe vor ihnen als ein der Sinneswahrnehmung fähiges Wesen. Wie Sie. Ich nehme Sie wahr und Sie wirken auf mich und beeinflussen mich. Wie ich auf Sie. Wir wirken aufeinander. Gestik, Haltung, Aussehen, mein Text, Ihr Zuhören. Auch das tut, bewirkt jedes Design – es wirkt auf uns.

 

Deshalb ist Design wichtig. Für den Menschen und für die Gesellschaft. Das sollten sich Designer bewusst mach.

 

Noch wichtiger ist Design dadurch, dass das Gute Design – die ästhetisch ansprechende Form, das gediegene Material, die feine Oberfläche und das Wissen um die nachhaltig verarbeiteten Rohstoffe – positiv auf den Menschen wirken. Gutes Design ist Qualität.

 

Qualität ist die Lösungsformel für alle zukünftigen menschlichen Produkte. Qualität regt an.

 

Wie aber wirkt Qualität?

 

Qualität berührt. In der Berührung entsteht Resonanz und aus der Resonanz folgt ein Bewegtsein. Eine Bewegung – movere –, die motiviert. Qualität ist ein Produzent von Motivation. Resonanz kann nur von einem Wesen ausgehen und kann nur ein anderes Wesen in Resonanz versetzen. Berührung bringt den Menschen in eins mit dem Ganzen des Seins. Im Berührtsein wird der Mensch angehoben, angeregt. Er erfährt er eine Bewegung von innen her – wird motiviert. Deshalb ist Qualität eine Verpflichtung für jeden.

 

Qualität öffnet. Öffnung als Kommunikation. Mit Menschen und mit Dingen, die der Mensch herstellt und die er konsumiert.

 

Allerdings ist der Begriff der Qualität nicht absolut. Qualität hängt ab von Rohstoffen, Bodenbeschaffenheit, Klima und Region, vom historischen Entwicklungsgrad der Menschen, von sozialen Kontexten und von der Mode. Deshalb gehört zum Begriff der Qualität immer auch ihre Angemessenheit. Deshalb ist zu fordern: so viel Qualität wie möglich.

 

Ebenso können bestimmte Arten von Un-Qualität wie Hässlichkeit und Morbidität anregen und berühren. Doch führen sie in der Regel nicht zur Öffnung – auch wenn sie nah an den Menschen und ihren Ängsten und verborgenen Lüsten dran sind.

 

Designer oft nicht anerkannt

 

Die Realität ist für viele Designer unbefriedigend, weil sie nicht die Anerkennung erhalten, die der gesellschaftlichen Bedeutung ihrer Arbeit angemessen wäre. Weder durch Unternehmen, Auftraggeber und gesellschaftliche Institutionen. Wenige haben gute Aufträge, sind respektiert und verdienen gut. Die große Zahl von Designern schlägt sich durch – eine Situation wie bei vielen Künstlern. Individualität – die ein wichtiges Element des Berufes ausmacht – und vielfach Vereinzelung machen die Situation nicht besser. Die Misere ist allerdings nicht allein durch Auftraggeber und Unternehmen verursacht, sondern zugleich durch Designer selbst und ihre Ausbildung begründet.

 

Was zu tun ist

 

Designer müssen ihre große Bedeutung für das Gestalten der Gesellschaft erkennen und annehmen. Sie müssen deshalb gut informiert sein und ihre Arbeitsbedingungen selbstbewusst mit Auftraggebern verhandeln. Das bedeutet, dass Designer stärker als bisher ihren Beruf professionalisieren müssen.

- Design mehr als Gestaltung – Gesellschaftshandeln unter Globalität

- Beruf definieren

- Information aneignen, um Defizite zu überwinden, Umwelt kennen, unternehmerisches Handeln, Strategien

- Individualität erweitern durch Kooperation, Teamfähigkeit und gutes Selbstmanagement

- Selbstbewusst mit Auftraggebern zusammenarbeiten

- Positiven Einfluss des Design ausweiten

- Egozentrik durch Gedanken auf das Ganze der Welt überwinden

Professionalisierung, defizitäre Ausbildung ausgleichen, Kooperationsfähigkeit erwerben und für Anerkennung des Design streiten, das kann der Einzelne nur im Verbund der Designer leisten – in regionalen, nationalen und globalen Netzwerken.

 

Vernetzung

 

Vernetzung gehört heute zur Qualität des Produkts. Netze sind Verbindungen, die in Knoten zusammentreffen und sich vielfältig verzweigen können. Netze und Netzwerke sind stabil und erhöhen die Überlebensfähigkeit der Elemente und Nutzer. Vernetzte haben mehr Erfolg als diejenigen, die weniger gut vernetzt ist.

Biologisch ist Leben Netzwerk. Unser Organismus ist eine einzige Netzstruktur. Klug und intelligent.

Evolutiv betrachtet ist Globalität ein Netzwerk, in dem Menschheit mit unterschiedlichsten Medien netzartig zusammengeschlossen sind.

Sozial betrachtet ist Leben ein Netzwerk: Die Kommunikation der Menschen spielt sich in Netzen ab. Der Mensch ist kommunikativ und schafft sich Verbindungen, Ordnungen, Netzwerke.

Verkehrstechnisch betrachtet ist die menschliche Kultur ein Netzwerk: Transport, Verbindung, Austausch, Datenautobahnen, Wissen.

Netze sind effektiv, ökonomisch, ganzheitlich, flexibel, synästhetisch, schonend, oikologisch.

Netzwerke sind ein sinnvolles und erfolgreiches Prinzip der Natur. Netzwerke der Designer fördern Nachhaltigkeit, Kommunikation, Berührung, Motivation, Sinn, Selbstbewusstsein, Effizienz – Oikologie.

 

Eine Ethik der Vernetzung der Designer ist heute notwendig aufgrund der Notwendigkeit, Qualität für den Erhalt einer lebensfähigen Erde zu produzieren. Netzwerke verbessern Lebensqualität und bewahren nachhaltiges Produzieren. Intelligente Netzwerke sind effektiv und eignen sich ausgezeichnet zur Bewältigung unterschiedlicher Krisen. Netze sind eine Pflicht, weil sie Natur, Umwelt und den Menschen schonen. Das zu bewirken ist die Verantwortung von Designern. Sie müssen sich für das Politische – das Gute, Angenehme, Schonende, Berührende – einsetzen. Das ist die Pflicht zur Oikologie, zum Haushalten im Haus Erde. Da Design so außerordentlich wichtig ist, müssen Designer den Einfluss des Design fordern und geltend machen.

 

Dazu dürfen sie genial (individuell) und müssen sie human (verantwortlich) sein und Klasse statt Masse produzieren.

 

Für den, der das so auffassen und umsetzen kann, ist der Beruf des Designers ein hochpolitischer Beruf, der zu tun hat mit Wirtschaft und Nachhaltigkeit, mit gut und überraschend funktionierender Technik und mit Schönheit.

 

 

© Hajo Eickhoff 2009


 


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